Eric Meyer hatte, das muss man so sagen, ein beschissenes Jahr. Wahrscheinlich ist es so oder so schwer, zu verdrängen, dass 2014 seine kleine Tochter starb. Dank des Facebook-Features eines persönlichen Jahresrückblicks in Bildern wird er in jedem Fall daran erinnert – und beklagt in einem Blogeintrag die „Grausamkeit des Algorithmus“.

2014 neigt sich dem Ende zu und von allen Seiten wird man seit Ende November mit Jahresrückblicken zugeballert. Was dem Supermarkt die immer früher auftauchenden Schokonikoläuse sind, sind vielen Seiten im Netz „Die schönsten Momente 2014“, „Das Jahr in Bildern“ oder „Die emotionalsten Begegnungen“.

Facebook mischt dieses Jahr mit einem neuen Feature mit, dem „Year in Review“. Der Algorithmus stellt aus Fotos, die der Nutzer im Verlauf des Jahres gepostet hat, eine kleine Präsentation zusammen. Umringt von bunten Figuren und Luftballons werden dem Nutzer die – vermeintlich – schönsten Momente des Jahres gezeigt. Die Zusammenstellung lässt sich durchsehen, selbst bearbeiten und mit den Facebook-Freunden teilen.

Das Feature zeigt aber auch, dass sich die Entwickler bei Facebook um eine Sache keine Gedanken gemacht haben: Für manche von uns war 2014 kein schönes Jahr. Es sind auch traurige Dinge passiert. Nun sind viele Leute in dem Netzwerk darauf aus, sich selbst und das eigene Leben in einem weichen Licht zu präsentieren, nur die Schokoladenseite zu zeigen. Das ist verständlich und vielleicht sogar klug. Aber viele Menschen nutzen das Netzwerk nichtsdestotrotz heute auch dazu, negativen Gefühlen Luft zu machen, Trauer auszudrücken. Auch solche Postings rufen ein großes Echo hervor.

Das Problem: Der Jahresrückblicks-Algorithmus kann nicht unterscheiden zwischen Facebook-Likes, die sagen: „Hey, alles Gute. Weiter so“, und Reaktionen, die Anteilnahme am Unglück des anderen ausdrücken. Das führt bei manchen Nutzern jetzt dazu, dass das Feature zum Jahresende schmerzhafte Erinnerungen unbarmherzig wieder hervorzerrt, präsentiert in einem flippig-bunten Album.

CSS-Erfinder Eric Meyer zum Beispiel. Er verlor 2014 seine Tochter, deren Gesicht nun seinen überall aufpoppenden Jahresrückblicks-Vorschlag ziert. Meyer beschwert sich in einem Blogeintrag über die Unbedachtheit der Facebook-Entwickler. „Ja, so hat mein Jahr ausgesehen, es stimmt. Mein Jahr sah aus wie das Gesicht meines kleinen Mädchens, das jetzt weg ist. Es ist trotzdem nicht nett, mich so energisch daran zu erinnern.“

Abgesehen von der Frage, wem es wirklich nutzt, wenn zahlreiche Freunde das Netzwerk mit einer persönlichen Revue des Jahres fluten, kritisiert Meyer die Aufdringlichkeit des Features. „Im Fall von Facebook ist der menschliche Aspekt zu kurz gekommen, weil es keinen Weg gibt, das abzustellen. Das „Jahr im Rückblick“ kommt immer wieder in meinem Feed hoch.“ Und damit das Gesicht seiner toten Tochter.

„Dieses Design ist für den idealen User gedacht, den glücklichen, gutgelaunten“, schreibt Meyer. Er fordert ein empathisches Design, das auch die Gefühle von Nutzern berücksichtigt, die 2014 vielleicht lieber schnell vergessen wollen. Und hoffen, dass 2015 alles besser wird.

Aufmacherbild: Facebook. Screenshot.