Unter dem Titel „Aber hier arbeiten, nein danke!“* hat Christian Jakubetz auf seinem JakBlog am Sonntag über die Zukunftswünsche junger Journalistinnen und Journalisten geschrieben – und dabei nicht nur Jahreszahlen durcheinandergebracht. Eine Replik.
Am Ende ist Christian Jakubetz ein wenig erleichtert. Aber auch besorgt. „Für die alten Säcke jenseits der 40 (einschließlich mich) ist das ja dann fast schon wieder eine beruhigende Nachricht. Für den Journalismus eher nicht.“
Was verursacht bei dem renommierten Journalisten und Dozenten solch zwiespältige Gefühle? Es ist eine Umfrage, die Jakubetz wie folgt zusammenfasst: „Fragt man 14- bis 25-Jährige, die entweder schon Journalisten sind oder es werden wollen, nach der Mediengattung, bei der sie am liebsten arbeiten würden — dann sagen verblüffende 53 Prozent, dass sie zu irgendwas mit gedrucktem Papier wollen.“
Aber hier arbeiten, nein danke! Junge Journalisten und ihr merkwürdiges Verhältnis zu Print und Online.: http://t.co/omTJdCzkT3
— Christian Jakubetz (@cjakubetz) 16. Februar 2014
Als Schülerin, die aktuell an der Deutschen Journalistenschule ausgebildet wird, nehme ich das ganz anders wahr. Sind meine jungen Kollegen tatsächlich so wenig online-affin, so versessen auf Print? Haben sich die Zeiten nicht geändert? Ich habe mich über die Seite des Projekts „Universalcode“, auf der Jakubetz ebenfalls über die „aktuelle Statistik“ schreibt, weitergeklickt zur verlinkten Originalquelle auf Statista. Und war meinerseits erleichtert.
Antwortmöglichkeiten waren: Print, TV, Radio. Online nicht.
Die Zeiten haben sich doch geändert. Zumindest seit 2011. Damals wurde die Umfrage laut Statista durchgeführt. Vom 4. Februar bis zum 6. März 2011. Per Onlineumfrage mitgemacht haben 250 Jugendliche und junge Erwachsene, die in Medieninitiativen tätig sind. Nicht gerade repräsentativ. Nicht gerade aktuell.
Dazu kommt: Onlinejournalismus war überhaupt nicht als Antwortmöglichkeit vorgegeben bei der Frage, in welchem Bereich die Umfrageteilnehmer am liebsten arbeiten würden. Zur Auswahl standen nur Print, TV und Radio. Unten seht ihr die Umfrage, auf die Jakubetz sich in seinem Blogpost bezieht.
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista
Jakubetz legt diese Schwäche der Umfrage korrekt offen, scheint sich aber nicht weiter daran zu stören. Die Umfrage „bildet Realitäten ab“ und sei „keineswegs verzerrt oder unrealistisch“. Wer junge Journalisten ausbilde, könne das Ergebnis der Umfrage bestätigen. Zwar nutze der journalistische Nachwuchs überwiegend Onlinemedien, geträumt werde aber von der Seite 3. Jakubetz schreibt: „Auf Veränderung und Weiterentwicklung haben nicht allzu viele Lust.“
Die Umfrage taugt nicht dafür, Jakubetz‘ These zu untermauern
Das ist Unsinn. Die methodischen Schwächen der Umfrage sind unabhängig von ihrem Alter so gravierend, dass sie nicht dazu herangezogen werden darf, die These zu belegen, junge Journalisten interessierten sich nicht für Onlinejournalismus und schielten nur auf das prestigeträchtigere Printgeschäft.
Zu einer Seite-3-Geschichte würden wohl nur wenige Journalisten Nein sagen. Warum sollten ausgerechnet wir Jungen, die wir uns gerade erst etablieren, darauf verzichten wollen? Das ist kein Zeichen fehlender Experimentierfreude. Wir alle wollen Geschichten erzählen, die so gut sind, dass der Text (als ein mögliches Format dieser Geschichte) auf der Seite 3 der SZ landen könnte.
Jetzt im Journalismus anzufangen ist spannend, kann aber auch frustrierend sein. Keiner aus meinem Jahrgang, der nicht schon für viel zu wenig oder gar kein Geld seine journalistische Arbeit hergegeben hat. Es liegt auch an den etablierten Kollegen, sich für gute Bedingungen für den Nachwuchs einzusetzen. Das wäre besser, als bange auf alte Umfragen zu starren.
*Flausch für die Tocotronic-Referenz.
Aufmacherbild: Statista. Screenshot.