Maschinen ersetzen menschliche Arbeitskräfte nicht nur am Produktionsband, sondern dringen auch immer weiter in andere Arbeitsfelder vor – auch den Journalismus. Wie werden Maschinen den Journalismus verändern?
Zuallererst die guten Nachrichten: Nein, Roboter werden uns nicht die Jobs klauen. Auch nicht den Journalisten. Aber: In Zukunft werden Software und Maschinen immer größere Teile unserer Arbeit übernehmen. Auch in den Redaktionen. Und das ist eine positive Entwicklung.
„Handgriffe, die eine Routine darstellen, können künftig auch im Journalismus von einer Maschine übernommen werden, denn es werden auch geistige Prozesse automatisiert“, sagte Frederik Fischer von Vocer auf dem zweiten Vocer Innovation Day in Hamburg. Zusammen mit Marco Maas von Open Data City diskutierte er mit den Workshop-Teilnehmern unter dem Titel „Did you try turning it off and on again?“ über Automatisierung im Journalismus. „Das ist eine gute Sache. Denn was automatisiert wird, das sind stinklangweilige Sachen, die kein Journalist gerne macht.“ Fischer glaubt: „Wir müssen Software als Tool nutzen, um uns mehr Freiräume zu schaffen, auch finanzielle.“
Wie das aussehen könnte, zeigt sich beim Blick in die USA. Dort ist das Thema Roboterjournalismus längst keine Utopie mehr. Vorreiter ist Associated Press. Associated Press arbeitet mit der Firma Automated Insights zusammen und gab bereits 2014 bekannt, dass es fortan Berichte über Unternehmensgewinne veröffentlicht, die nicht mehr von Journalisten geschrieben werden, sondern Maschinen.
Der Algorithmus zeigt sich relevante Zahlen aus den Berichten der Firmen und matcht sie mit anderen Informationen. In Millisekunden entsteht so aus verschiedenen Textbausteinen, ergänzt um die passenden Zahlen, ein Bericht im Stil von Associated Press. Auch in der Sportberichterstattung setzt Associated Press auf softwaregenerierte journalistische Produkte, etwa bei Spielberichten.
Wer nicht glauben kann, dass das funktioniert, kann sich an einem Quiz versuchen, bei dem man unterscheiden muss zwischen Texten, die ein Journalist geschrieben hat, und solchen, die softwaregeneriert sind.
Die bisherigen Anwendungsfelder zeigen die Chancen – und die Grenzen – für die neue Art des Journalismus auf: Keinem Journalisten macht es Spaß, die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga in Tabellen zu übertragen, eine Unternehmensgrafik zu Gewinnen und Verlusten in einen Text zu gießen, der stilistisch kaum Freiheiten bietet. Diese Aufgaben könnten durch Software künftig entfallen – so könnten neue Freiräume für mehr Recherche entstehen. Denn für die ist der Mensch unersetzlich. Genauso wie für eine gute Reportage, den Blick fürs Detail.
Maas warb außerdem dafür, die vielen Daten, die mittlerweile generiert werden, als Quelle für Geschichten zu nutzen. Er findet: Der Journalismus bringt zu wenige eigene Innovationen hervor. „Die meisten Daten von Smart Cities stehen unter offenen Lizenzen, da könnte ich mich als Journalist viel mehr bedienen“, sagte Maas. „Sensoren können uns helfen, Geschichten zu erzählen und uns in ein Zeitalter des Kontexts führen.“
Hinweis: Der Text ist zuerst auf netzpiloten.de erschienen.
Fotocredit: Peyri Herrera via Flickr.com / CC-BY-Lizenz
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